Betroffene

 

Tipps für Eltern bei Trennung und Scheidung

 

Eine Trennung und Scheidung der Eltern stellt in der Regel für betroffene Kinder ein Ereignis dar, das sie überwiegend nicht gewünscht haben und von dem sie stark betroffen sind. Meist haben sie die Spannungen der Erwachsenen im Vorfeld schon registriert und vielleicht auch mit Verunsicherung oder gar Schuldgefühlen darauf reagiert. Daher ist es sehr wichtig, dass Sie ihrem Kind erklären, dass diese Entscheidung zur Trennung auf der Paarebene getroffen wurde, nicht von dem Kind verschuldet wurde und sie weiterhin beide für das Kind Eltern bleiben wollen. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Kinder am wenigsten Schädigungen bei der Trennung der Eltern davon tragen, wenn die Erwachsenen ehrlich zu ihnen sind und wenn die Eltern – obwohl sie nun nicht mehr unter einem Dach zusammen wohnen – weiterhin gemeinsam die Verantwortung für das Wohlergehen der Kinder tragen, auf der Elternebene zusammenarbeiten können und die Kinder ungehindert Kontakt mit beiden Eltern (und evtl. auch den jeweiligen Großeltern) haben können.

Statistisch gesehen gelingt dies ca. 75% aller geschiedenen Eltern mehr oder weniger gut. In einem Viertel der Fälle benötigen Eltern aber Hilfe durch Dritte, z.B. das Jugendamt, eine Erziehungsberatungsstelle oder auch eine Entscheidung durch das Familiengericht.

Bei sehr strittigen Fällen beauftragt das Familiengericht bisweilen Sachverständige, eine Entscheidung zum Sorgerecht oder Umgangsrecht vorzubereiten.

Vielleicht gehören Sie auch zu denjenigen, über die ein psychologisches Sachverständigengutachten erstellt werden soll und machen sich nun Sorgen, wie dies abläuft und ob etwa ihr Kind darunter leiden wird.

Hier geben wir zu bedenken, dass Sachverständige für Gespräche mit Personen, die sich in schwierigen Situationen befinden ausgebildet sind, und auch das nötige Wissen und die Erfahrung für die Befragung und Untersuchung der Kinder mitbringen. Die/der Sachverständige wird sich nach dem Gerichtsauftrag mit Ihnen in Verbindung setzen und Termine für Einzelgespräche, Eltern-Kind-Gespräche und Beobachtungen mit Ihnen vereinbaren. Scheuen Sie sich aber nicht, bereits vor der Begutachtung die/den Sachverständige/n nach dem Ablauf der Gutachtenerstellung zu fragen oder auch, wenn Sie unsicher sind, ob und wie Sie ihr Kind darauf vorbereiten sollen. Je offener Sie auf die/den Sachverständige/n zugehen, um so offener werden auch die Gespräche sein und um so besser wird sich die/der Sachverständige auch auf Sie und ihr Kind einstellen können.

Setzen Sie aber ihr Kind keinesfalls unter Erwartungsdruck und beeinflussen Sie es nicht in seiner Willensbildung – auch wenn Sie selbst vermutlich am liebsten hätten, dass es bei Ihnen bleibt oder zu Ihnen zu Besuch kommt. Versuchen Sie seinen Willen zu respektieren und unterstützen Sie es, wenn Sie seine Verunsicherung bemerken, mit Zuwendung und Aufmerksamkeit, nicht mit Versprechungen oder Geschenken. Eine Gutachtensituation belastet Kinder, wenn sie nicht unter Loyalitätsdruck stehen, vermutlich weniger als Erwachsene, weil sie unbefangener hineingehen können und in der/dem Sachverständigen oftmals einen guten Zuhörer für ihre kindlichen Sorgen und Nöte finden.

 

Sie oder Ihr Kind sind Zeuge in einem Strafverfahren

 

In manchen Strafverfahren sind Kinder gleichzeitig Zeugen und Geschädigte. In solchen Fällen, insbesondere, wenn es um Misshandlung oder sexuellen Missbrauch geht, werden von den Strafkammern oder der Staatsanwaltschaft der zuständigen Gerichte aussagepsychologische Gutachten in Auftrag gegeben und Sachverständige gebeten, abzuklären, ob die Kinder alters- oder entwicklungsbedingt überhaupt in der Lage sind, gerichtsverwertbare Aussagen zu machen und ob ihre Erinnerungen und Aussagen auf realen Erlebnissen basieren.

Vielleicht ist Ihr Kind betroffen und Sie machen sich nun Sorgen, ob und wie Sie mit ihm über mögliche Vorfälle sprechen sollen, an welche Stellen Sie sich wenden können, wie Sie es vor weiteren Übergriffen schützen oder vor häufigen Fremdbefragungen schützen können.

Wenn Sie die erste Person sind, der sich das Kind anvertraut, lassen sie es so spontan wie möglich berichten, unterbrechen Sie es nicht und stellen Sie bitte keine Fragen, die irgendwelche Vorgaben enthalten. Befragen Sie es am besten überhaupt nicht selbst, sondern überlassen Sie dies geschulten Personen. Geben Sie ihrem Kind aber die Rückversicherung, dass Sie ihm aufmerksam zuhören und es ernst nehmen. Sollten Sie aus den Äußerungen des Kindes einen begründeten Verdacht gegen eine bestimmte Person entwickeln, dann wenden Sie sich an die zuständige Polizei, an das zuständige Gericht oder einen Anwalt Ihrer Wahl; diese werden Sie über alle weiteren notwendigen Schritte informieren. Oftmals wird ein Kind dann umgehend und schon in Anwesenheit einer/s Sachverständigen bei der Polizei oder vor dem Ermittlungsrichter befragt. Soll dann noch eine Begutachtung stattfinden, so kennt das Kind die/den Sachverständige/n bereits. Es erfolgen dann in der Regel noch ein oder zwei Untersuchungstermine, bei denen aber nicht nur über den fraglichen Sachverhalt gesprochen wird, sondern auch einige Testverfahren durchgeführt werden. Solche machen den Kindern überwiegend Spaß, weil sie das belastende Thema unterbrechen.

Wie können Sie Ihr Kind auf eine solche Begutachtung vorbereiten?

Sagen Sie ihm ehrlich, dass eine Person kommt, die mit ihm nochmals über das sprechen möchte, was es Ihnen evtl. schon anvertraut hat, dass dies wichtig sei, dass es die Wahrheit sagen solle und dass es keine Angst zu haben brauche. Verunsichern Sie es nicht, indem Sie z.B. sagen: „Die wollen wissen, ob du die Wahrheit sagst“ oder indem Sie ihm auftragen, was es sagen solle. Sagen Sie ihm einfach, es solle nur das berichten, woran es sich noch erinnern könne. Üben Sie vor allem nicht mit dem Kind das Erzählen seiner Geschichte ein. Dies kann Erinnerungen verfälschen und verzerren. Eine Aussage ist um so eher gerichtsverwertbar, je spontaner und unbeeinflusster sie zustande kommt und wenn ein Zeuge nicht mehrmals hintereinander aussagen muss. 

Wenn Ihr Kind nach der Befragung erschöpft oder belastet ist, unterstützen Sie es emotional mit Zuwendung und Aufmerksamkeit, nicht aber mit Nachfragen wie: „Hast du auch alles gesagt?“ oder gar: „Hast du auch dies und das gesagt?“ 

Manchmal kommt es auch vor, dass ein Kind im Rahmen einer Begutachtung einräumt, es habe nicht die Wahrheit gesagt. Dabei gilt es abzuklären, warum das Kind dies getan hat und was es damit erreichen wollte. Hier sind Sie in Ihrer Rolle als Erziehungsberechtigter gefordert und sollten sich auch nicht scheuen, fachkompetente Hilfe (z.B. Erziehungsberatungsstellen) in Anspruch zu nehmen.

Wie sollten Sie sich als erwachsener Zeuge auf die Begutachtung vorbereiten?

Am besten gar nicht. Wie für kindliche Zeugen gilt auch für Erwachsene, dass für die Begutachtung unverfälschte und spontane Erinnerungen wichtig sind. Ein Aufschreiben und Auswendiglernen ihrer Aussage kann ihre Erinnerungen verfälschen und möglicherweise sogar unverwertbar machen. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie sich an jedes Detail eines fraglichen Geschehens erinnern. In einem telefonischen Vorgespräch und im ersten Termin wird Ihnen alles in Ruhe erklärt und Sie können gerne Fragen stellen. Auch müssen Sie keine schriftlichen Unterlagen mitbringen. Sachverständige dürfen nur Unterlagen berücksichtigen, die in der Akte enthalten sind. 

Ihre Teilnahme an der Begutachtung ist freiwillig, aber ein wichtiger Bestandteil des Strafverfahrens. Wenn Sie Bedenken haben, an der Begutachtung teilzunehmen, sprechen Sie mit uns darüber. Sie erhalten vorab Informationen darüber, was im Verlauf einer aussagepsychologischen Begutachtung auf Sie zukommt, sodass Sie in Ruhe überlegen und eine Entscheidung über Ihre Teilnahme treffen können.